Die Wittekindstadt Enger :
Sehenswertes und Wissenswertes
Die Wittekindstadt : Aufsatz von Arnold Göpel von ca. 1955
1 ) Lage
2) Geschichte
3) Einwohnerzahl
4) Stadtbild
5) Sehenswürdigkeiten
a: Kirche b: Grabmahl Wittekinds
c: Gebeine Wittekinds d: innere der Kirche e:
Wittekindsdenkmal
f : Elsternbuschdenkmal g: Kriegerdenkmal h:
Gemeindehaus
i : Widukindgedächtnisstätte
6) Besondere
Feste
a: Timkenfest b: Ramaifest
7 ) Sagen
8 ) Erwerbstätigkeit
der Stadt
9) Fluren der Stadt
10 ) Bauernhöfe
11 ) Sattelmeier
12 ) Geschichte der NSDAP
13 ) nach 1933
1) Lage der Stadt Enger
.
Zwischen den Bergketten des Wiehengebirges und des Teutoburger
Waldes eingebettet liegt die
Ravensberger
Mulde . Die zahlreichen Bauernhöfe , die von
knorrigen Eichen umgeben sind ,
kennzeichnen das Gebiet als uraltes Bauernland .
Die schwere Fruchtbarkeit des
Bodens
verleiht der Landschaft einen Reichtum vom
üppigen Grün . Wogende
Kornfelder wechseln mit bunten Wiesen und grünen Wäldern .
Inmitten dieser Landschaft liegt
in einem kleinen Tale , das von dem Boldammbach
durchflossen wird , unweit der
Stadt Herford , Enger , die alte Wittekindstadt .
Fast jeder Deutsche hat schon von
dieser Stadt gehört . Nicht in seiner Größe , nicht in
seinen
landschaftlichen Reizen , sondern
einzig und allein in seiner großen , geschichtlichen Vergangenheit
liegt die Bedeutung dieses
kleinen
Landstädtchens begründet . Sie ist durch die elektrische Bahn
mit den Städten Herford,
Salzuflen
, Vlotho und durch die Kleinbahn mit Bielefeld verbunden .
2) : Die Geschichte der Stadt Enger :
Der Ort Enger ist mit der
Geschichte
des Sachsenherzogs Wittekind auf das engste verknüpft .
Hier hatte Wittekind seine
Hauptburg
und hier in der Kirche ruhen seine Gebeine .
Ursprünglich war Enger ein
altsächsisches Dorf , das aus einigen Höfen bestand .
Der Name des Ortes wird
Urkundlich
zuerst im Jahre 947 , und zwar in der Schreibweise
von " Angeri " in der
Schenkungsurkunde
Otto des I . an das Stift Enger erwähnt .
In deutscher Form erscheint der
Name im 14. Jahrhundert als Engern und später dann
als Enger . Die Urenkelin
Wittekinds
, Mathilde von Enger , gründete auf dem
wittekindschen Erbe um 945 das
Dionisiusstift Enger . Das Stift war sehr reich und besaß
einen großen wertvollen
Kirchenschatz
. Im Jahre 1180 schenkte der in die Reichsacht
erklärte Heinrich der
Löwe
, das Gebiet von Enger seine treuen Kampfesgenossen ,
dem Grafen Bernhard III. von der
Lippe . Um diesen damals noch recht umfangreichen
Besitz war ein beständiger
Streit , besonders mit dem Bischof von Osnabrück .
In dieser Fehde spielte die Burg
Enger , als wichtigem Stützpunkt und als Wohnsitz dieser
lippischen Edelherren eine ganz
bedeutende Rolle . Von ihr aus fügte der Graf Simon
von der Lippe , dem Stifte
Osnabrück
durch seine Einfälle viel Schaden zu .
Vergebens sucht Bischof Ludwig
auf gütlichem Wege den Streit zu schlichten .
Er mußte zu den Waffen
greifen
und verbündetet sich mit dem Grafen von Ravensberg ,
den Bischöfen von Paderborn
und Minden und mit der Stadt Herford .
Nun war Schicksal Simons
besiegelt
. Bei einem Streifzüge wurde er gefangen und
sechs Jahre lang in dem Bucksturm
zu Osnabrück in harter Gefangenschaft gehalten .
Man ließ ihn endlich frei
, nachdem er den Eid geleistet hatte dem Bischöfe zu
Osnabrück
die Burg zu Enger zur Schleifung
zu übergeben . 1305 wurde sie dem Erdboden gleichgemacht .
Die Grafen von Lippe verlegten
Ihren Wohnsitz nach Blomberg und Enger hörte auf
deren Residenz zu sein . Bei der
Kanalisierung der Burgstraße im Jahre 1924 konnte man
die Lage der Burg feststellen .
Auch fand man viele behauene Steine , darunter
ein Bruchstück der
lippischen
Rose .
Mit der Zerstörung der
Burg
war auch der Niedergang des einst so bedeutenden Ortes
Enger besiegelt . 1409 haben
Bernd
und Simon von der Lippe das Gebiet dem
Bischof von Paderborn und dem
Grafen
von Ravensberg für 2000 Rheinische
Florin verpfändet .
Kriegsstürme
zogen über die Stadt hinweg . Sie litt unaussprechlich und
wurde immer kleiner . In Folge
der wachsenden Unsicherheit fühlten sich die Stiftsherren
in den Mauern von Enger nicht
mehr
sicher und verlegten das Stift 1414 in die befestigte Stadt
Herford . Wann die Reformation
in Enger eingeführt worden ist läßt sich nicht
feststellen
.
Wahrscheinlich ging sie von
Herford
aus , wo sie im Jahre 1527 Einzug fand .
Im Jahre 1719 erhielt der
Wittekindsort
die Rechte einer Titularstadt verliehen .
Damit erhielt Enger nicht die
vollen
Stadtrechte , sondern erlangte nur das Recht den Namen
Stadt zu führen . Durch eine
schreckliche Feuersbrunst wurden 1747 , 53 schöne
Fachwerkhäuser
an der heutigen Neuen
Straße
vernichtet . 1807 , nach dem unglücklichen Frieden zu Tilsit ,
kam Enger zu dem Königreich
Westfalen unter das Regiment des Königs Jerom Napoleon .
Mit der Bildung eines Kantons
Enger
, nach französischen Anordnungen , ging die selbständige
Verwaltung der Stadt unter . Bei
den Kirchenakten findet sich noch ein wichtiges Amtsblatt des
neuen Herrschers in deutscher und
französischer Sprache , in welchem die Aufhebung der
Leibeigenschaft proklamiert wird
. Das Wappen der Stadt Enger zeigt in blauem Felde drei
goldene Lilien auf grünem
, beblätterten Stengeln . Die Lilien wachsen aus einem goldenen
Dreiberg hervor. Die 3 Lilien
sind
im Wappen der Stadt Enger seit dem Ausgang des 18.
Jahrhunderts zu finden .
Sie sind jedoch als Umbildung von
Seeblättern anzusehen . Das Heroldisch
dargestellt Seeblatt war als
solches
kaum erkennbar . Daher hat man im Laufe der Zeit
die Form des Seeblattes
abgewandelt
, bis schließlich Lilienformen daraus wurden .
Die 3 Seeblätter sollen
früher
das Wappenzeichen des alten Sachsenlandes gewesen sein .
Späterhin galten dann die
3 Roten Seelätter in weißem Felde als Wappen eines
Teilstammes
des Sachsenlandes , nämlich
des Herzogtums Enger . Das heutige Lilienwappen weist somit
auf Altdeutschtum und damit auf
den Sachsenführer Wittekind hin .
3) Enger hatte im Jahre
1722
- 801 Einwohner
1756 - 915 Einwohner
1763 - 758 Einwohner
1777 - 843 Einwohner
1799 - 935 Einwohner
Heute zählt die Stadt
4500
Einwohner und ist mit ihren alten schönen Fachwerkhäusern
und malerischen Winkeln ein Ort
, in dem sich jeder Besucher bald heimisch fühlen wird .
4) Das Stadtbild : Im
Mittelpunkt
der Stadt steht auf einem mit gärtnerischen Anlagen geziertem
Hügel , die alte
Wittekindskirche
. Die Häuser der Stadt liegen um die Kirche . Sie sind
zum größten teil
zweistöckig
gebaut und geben der Stadt ein ausgezeichnetes Bild .
Am Südlichen Ausgang des
Ortes
erhebt sich der Liesberg , ein Hügel , der durch die
Ablagerung der Gletscher
entstanden
ist . Auf ihm steht die alte Windmühle , die 1756 auf
Veranlassung Friedrichs des
Großen
erbaut wurde . Östlich der Kirche liegt der " Kleine Hagen" .
Ein Wäldchen , von dem aus
man einen herrlichen Blick auf Enger hat.
Einige Straßennamen in
Enger
weisen auf die historische Vergangenheit des Ortes hin .
Die Burgstraße , die sich
südlich der Kirche bis zum Boldammbach hinzieht , erinnert an die
Burgen der lippischen Edelherren
und an die Wittekinds .
Ein Erinnerungstafel an dem
alten
schönen Fachwerkhaus der Familie Strack in der Burgstr.
hat folgende Inschrift :
" Steinfunde bezeugen , das
hier die im Jahre 1305 zerstörte Burg Enger
der lippischen Edelherren stand
. Unseren Vorfahren galt dieser Platz als
Stätte der Burg Wittekinds
."
Die Seelbornstr. erinnert an
einen
Taufplatz und die Opferfeldstr. an einen
Opferplatz der Sachsen .
5)
Sehenswürdigkeiten
der Stadt .
Die alte Stiftskirche mit dem
Grabmahl
und den Gebeinen Wittekinds , eng verknüpft mit der
Geschichte des Ortes Enger
ist die der Kirche . Als Ersatz für die 922 durch die Hunnen
zerstörte
Kirche ist um das Jahr 1200 eine
neue gebaut worden , nämlich die des ehemaligen Dionysius-
stiftes , von der das
östlich
gelegene Chor mit seinem halbrund und ein Teil des Querschiffes
in der heutigen Form noch
vorhanden
sind . Durch Feuer und feindliche Überfälle wurde dann
abermals ein Teil der Kirche
zerstört
und es mußte im 14. Jahrhundert von dem romanischen
Teil das gotische Langschiff
angebaut
werden . Auffällig ist der völlig alleinstehende Turm .
Nach einer strengen Kirchenregel
war es den Insassen des Dionysiusstiftes verboten ,
Kirchen mit Türmen zu bauen
. Später wurde dann vom Papst der Bau von besonderen
Glockentürmen erlaubt . An
dem Mauerwerk des Turmes neben der Kirche kann man noch
sehen , das die jetzt
zugemauerten
Fenster romanische Form hatten , was dem älteren
Teil der Kirche entspricht . Bei
der späteren Erhöhung des Turmes wurden sie wohl um die
Festigkeit des Baues zu
stärken
, zugemauert .
An der Westseite der
Kirche
sind alte Steinfiguren eingemauert , die bei Häuserbauten
vor 70 Jahren an der Burgstr.
gefunden
wurden und wahrscheinlich von der zerstörten Burg Enger
stammen . Zwei dieses Figuren
stellen
Ritter in Rüstungen dar , während die dritte einen Kopf
zeigt , dessen Mund mit den
Händen
aufgerissen wird . In dieser Figur haben wir den Burgwächter
zu sehen , der vom Volke mit dem
Namen Schreifritz versehen wurde . Über der großen
Südtür der Kirche sieht
man ein altes Tympanon , das aus dem 12 Jahrhundert stammt .
Es stellt Christus auf einem
Regenbogen
dar . Zu seiner rechten die Jungfrau Maria , zur
linken die Gestalt des heiligen
Dionysius . An dem Pfeiler der Südwestecke hängt eine alte
Normalhutzel , die den Radmachern
als Einheitmaß diente .
Die Besucher der
Wittekindstadt
werden aber mit durch das äußere der Kirche angezogen ,
sondern durch das Grabmahl
Wittekinds
, das sich im Chorraum der Kirche , zusammen
mit den Gebeinen des
Sachsenheldens
befindet . In seiner jetzigen Gestalt besteht es aus
einem Unterbau aus Sandstein ,
dessen Seiten mit Kriegstrophäen verziert sind und einem
Deckstein , der über dem
rechteckigen
Unterbau
nach allen Seiten ziemlich
weit hinausragt . Über dem Sockel liegt in der Mitte
die Figur Wittekinds in
Lebensgröße
. Die Plastik stellt Wittekind als Priesterkönig dar .
Er trägt ein langes , bis
an die Füße herabreichendes Gewand . Der Kopf ist Bartlos
von fast jugendlichem , edlem
Ausdruck
. Das Haupt deckt eine Krone , die einstmals
mit Edelsteinen reich verziert
war . Die linke Hand hält das Zepter mit einer Lilie , die
rechte ruht auf der Brust .
Hinter
dem Kopf erhebt sich eine Sandsteinplatte , an deren
Außenseite man ein von zwei
Löwen gehaltenes Wappen erblickt , das auf der linken Seite
einen halben Adler uns auf der
rechten sieben Lilien zeigt . Der Deckstein hat zwei
Inschriften , die in Lateinischer
Sprache gehalten sind . Die eine , die sich an der abgeschrägten
Kante der Platte befindet
lautet in freier Übersetzung :
„ Eines großen
Mannes
und Helden Gebein sie ruhen allhier im Totenschrein .
Kein sterblich Los ist Ihm
bestimmt . " Wohl an du guter " :
Sein Geist vernimmt , hier rein
zu werden , wird hier jedem gewährt der immer
diesen König verehrt und wer
erkrankt , es wird Ihm heil vom König der Weltalls hier zuteil ."
Eine weitere Inschrift , die
oben
auf der Deckplatte , zu zwar rechts und links von der
Wittekindplastik eingearbeitet
ist , lautet übersetzt :
„Denkmal Widukinds , der
Sohnes
Warnhins , des Königs der Angrewarier , des
tapfersten Herzogs der
zwölf
tüchtigsten Großen ".
Er gründete dies
Dionysiusstift
zur Ehre des größten , besten Gottes und beschenkte
es mit Vorrechten und
Einkünften
. Er starb im Jahre 807 und hinterließ seine Sohn
Wiegbert als Thronerben ."
Der Stein mit der
Plastik
Widukinds stammt aus dem 12 Jahrhundert . Der
Unterbau mit dem Sockel
wird
der jüngeren Zeit zugeschrieben und als ein Werk
Kaiser Karl IV. gehalten , der
1377 in Enger weilte und das Grabmal erneuern ließ .
Von Ihm ist auch das Wappen am
Kopfende .
In einem kleine
Wandschränkchen
hinter dem Grabmahl , befinden sich die Gebein des
Sachsenheldens . Im Mittelalter
wurden sie zur Verehrung aus dem Grabe gehoben und
ausgestellt. bei der
Übersiedlung
des Stiftes Enger 1414 kamen
sie zusammen mit den
Kirchenschätzen
nach Herford . Von hier aus entführte Sie der
Wachtmeister von Nagel nach
;Münster
. Nach einem Jahr kamen sie wieder nach Herford
zurück . Im Jahre 1821
wurden
sie auf Befehl Friedrich Wilhelm III. der Kirche zu Enger
zurückgegeben und von der
Sattelmeiern feierlich in die Kirche getragen .
Der schöne
Flügelaltar
, der sich in der Kirche befindet , ist ein Werk vom Meister
Hinrich Stavorer aus dem Jahre
1525 . Er ist aus Lindenholz geschnitzt und stellt die
Leidensgeschichte Christus von
der Einsetzung des heiligen Abendmahls bis zur
Höllenfahrt und Auferstehung
dar .
Im nördlichen Querschiff der
Kirche befindet sich ein Bronzerelieff von der Bildhauer
Heinz Wefing , das die Tauf
Wittekinds
darstellt . Auf erhöhtem Thron sitzt Karl der Franke .
Im zu Füßen liegt
Sachsens
heiliges Zeichen : die gefüllte Irmensuhl .
Zur Seite des Kaisers stehen
seine
Krieger und die Chorknaben . Vor dem Taufbecken
kniet Wittekind um von dem
Bischof
die Taufe zu empfangen .
Hinter ihm sitzt seine
Gemahlin
mit Ihrem Sohne Wiegbert . Sehr belebt wird
die Darstellung durch eine Gruppe
von Sachsen , die es nicht fassen können , das Ihr
Herzog sich vor dem Eroberer
beugt
.
An einem Pfeiler im Querschiff
ist
eine Figur des heiligen Dionysius aufgestellt .
Der Legende nach soll dieser noch
weiter gepredigt haben , nachdem man Ihm
die Schädeldecke
zertrümmert
hatte .
Denkmäler der Stadt Enger .
Auf dem Kirchplatz steht das
Wittkindsdenkmal
. Es wurde zu Ehren der gefallenen Kämpfer
von 1866 und 1870 im Jahre 1903
von Heinz Wefing errichtet . Das Standbild in Bronze stellt
den Sachsenherzog Wittekind in
kriegerischer Rüstung mit gegen Westen gefällter Lanze
dar .
Sein Haupt wird
geschmückt
durch einen Flügelhelm . Das Denkmal soll den Gedanken
Ausdruck geben , das die
Männer
, deren Namen auf der Rückseite stehen , sich Ihrer Väter
würdig gezeigt haben . Die
Vorderseite trägt die Inschrift :
“ Den tapferen
Stammesgenossen
des ruhmreichen Herzogs Wittekind welche im Kampfe
für Kaiser und Reich den
Heldentod
starben ."
An der Seelbornstraße ,
da
wo die Gemeinden Enger , Pödinghausen und Oldinghausen
zusammenstoßen , steht das
Elsternbuschdenkmal . Es wurde 1913 aus Findlingen errichtet
und erinnert einmal an die
Befreiung
vom Franzosenjoche 1813 , dann aber auch an eine
Wittekindsage . Der Name
Elsternbusch
weist auf ein Gehölz hin , das früher hier gestanden
haben soll . Der Sage nach soll
Wittekind in diesem Busche einen Vogelherd gehabt haben ,
der von 2 jungen Burschen
unterhalten
wurde . Ein schönes , und vor allem in die Jetztzeit
gut passendes Mahnmahl befindet
sich vor dem Amtsfriedhof Enger inmitten einer Grünanlage .
Es wurde 1930 zu Ehren der
Gefallenen
des Weltkrieges von dem Berliner Bildhauer
Hans Dammann errichtet und stellt
einen Soldat dar , der abschied nimmt von Frau und Kind .
Kraftvoll umspannt seine rechte
die Waffe , die Frau , auf den Armen hält Sie den Knaben ,
lehnt Abschied nehmend an der
Brust
des fortziehenden Kriegers . Das Ehrenmal trägt die
Inschrift :
" Wanderer , das du die
Sonne
noch siehst , das dankst Du den Helden!
Beuge deine Knie und gedenke
ihrer
in stillem Gebet ! "
Besondere Gebäude der
Stadt
.
Das schöne große
Gemeindehaus
in der nähe des Sattelmeierhofes Nordmeier soll durch
seinen Namen " Wittekindshaus "
das Gedächtnis an den Sachsenhelden lebendig halten .
Zwei große Gemälde ,
die sich im Inneren befinden , versetzten uns in das Leben des
Sachsenherzogs . Das erste Bild
zeigt den jugendlichen Helden im Kampfe mir den Franken .
Das zweite Bild stellt den in
heißen
Kämpfen ergrauten Streiter auf einem weißen Rosse dar
.
Um den Besuchern der
Wittekindstadt
ein lebendiges Bild von der Gestalt des Sachsenherzogs
zu vermitteln und vor allem seine
kämpferische Größe heraus zustellen , wurde in Enger ,
in einem schönen
Fachwerkhaus
neben der Kirche eine Widukindgedächtnisstätte eingerichtet .
Sie ist 1939 der
Öffentlichkeit
übergeben und bisher von vielen tausend Volksgenossen
besucht worden . Durch die
reichgeschnitzte
Eingangstür gelangt man in den Weiheraum der
Gedächtnisstätte .
In ihm befindet sich eine Plastik
, die den Sachsenhelden als schlichten germanischen
Kämpfer wiedergibt .
Über
der Figur stehen die Worte :
„Solange noch ein einziger Deutscher lebt , stirbt Wittekind
nicht „
In einem anderen Raum befinden
sich Darstellungen über Wittekind . Seine Nachfahrentafel
weißt
darauf hin , daß der
Sachsenheld
nur Stammesvater vieler deutscher Kaiser und Fürsten ist .
In dem Raum „ Burg und Ort
Enger
„ sieht man Steinreste von der Burg der lippischen
Edelherren . Durch Urkunden wird
man Ereignisse der Damaligen Zeit erinnert .
In dem nächsten Raum
veranschaulichen
Modelle und Bilder den typischen Bauernhof des
engerschen Landes . Zu Ehren der
Gefallenen des Weltkrieges ist in der Gedächtnisstätte ein
besonderer
Ehrenraum Ausgestattet . Die
Namen
der Gefallenen aus dem Amt Enger sind den
Pergamentblättern eines
Handgeschriebenen
Buches anvertraut worden , zum Zeichen ,
das daß Land von
Widukind
seine besten Söhne nie vergessen wird .
6) Besondere Feste der Stadt Enger .
Alljährlich am 6. Januar
wird
in Enger der Todestag Wittekinds feierlich begangen .
Bereits am Vortage ertönt
in der Königsstunde , Mittage zwischen 12 und 1 Uhr ,
ein feierliches Ehrengeläut
. In der Gedächtnisfeier , die am Todestage , Vormittags
für die Schulkinder
stattfindet
, läßt der Pfarrer die Erinnerung an Wittekind lebendig
werden
.
Nach Beendigung des
Gottesdienstes
, wird nach altem Brauch die Wittekindsspende verteilt .
Die Kinder erhalten an den
Kirchentüren
Semmeln , sogenannte Timpken ,
während die armen mit Brot
und Wurst bedacht werden .
Zu gleicher Zeit wird eine halbe
Stunde lang „ zur Senkung „
d . H . zur Einsenkung der Leiche
geläutet . Die ganze Feier vollzieht sich also so , als ob
Wittkinds Leiche vor dem
Gottesdienst
in die Kirche getragen , dort die Leichenfeier abgehalten ,
und danach die Leiche in die
Gruft
gesenkt würde .
Auf dies Weise wird das
Timpkenfest
, das auch Wittekindsfest genannt wird , seit
undenklichen Zeiten gefeiert .
Das Ramaifest wird in Enger in
den
ersten Tagen des Oktobers als ein großes Volksfest
gefeiert . Der Sage nach geht es
auf eine Bestimmung Wittekind zurück , der für die Sattelmeier
jährlich diese festliche
Zusammenkunft
befohlen haben soll . Heute ist in Enger neben dem
Volksfest auch ein großer
Festumzug . In Verkleidung von alten Sachsen Reiten
Stadtbewohner durch die
Straßen
. Voraus stets Wittekind mit seinen Sattelmeiern .
7) Sagen der Zeit
Enger steht im Mittelpunkt
vieler
Sagen , die sich mit dem Leben des Sachsenherzogs Wittekind
beschäftigen . In
Schildesche
soll eine Schwester des Herzogs gewohnt haben .
Um schneller von seiner Burg
dorthin
zu gelangen , soll der Sachsenführer Querfeldein von
enger auf Schildesche zugeritten
sein . Im Volksmund lebt heute noch der Vers : „
Dat is de Hasenpatt den
König
Weking trad .“ Den Namen Hasenpatt führt die Sage entweder
auf
Wittekinds Diener Hase
zurück
, der oft als Bote nach Schildesche ritt , oder auf einen
gezüchteten Hasen , der dem
Sachsenführer wie ein Hündchen voraussprang .
Eine andere Sage , die sich mit
dem alleinstehenden Turm der Kirche beschäftigt , berichtet :
Drei Orten waren Wittekind
besonders
lieb , die Höhe bei Bünde , der Wärtner bei Rehme
und Enger .
Der Sachsenheld bestimmte , er
wolle
da wohnen , wo zuerst eine Kirche fertig sei .
An den drei Orten fing man
gleichzeitig
an zu bauen . Der Baumeister von Enger hielt
sich genau an des Königs
Wort
und baute eine Kirche , aber ohne Turm .
Deshalb war die Kirche zu Enger
zuerst fertig , und Enger wurde Königsstadt .
8) Erwerbstätigkeit der Stadt .
Um das 18 . Jahrhundert war
neben
der Landwirtschaft die Handweberei der einzige
Erwerbszweig dieser Gegend . Als
dann durch die Einführung der Maschinen den
Leuten die
Verdienstmöglichkeit
genommen wurde , kam die Zigarrenindustrie als Retterin
aus Wirtschaftlicher Not . Die
erste Fabrik in Enger war die Filiale einer Bünder Firma .
Aber auch die engerschen
Bürger
gründeten nach und nach kleinere Unternehmen .
Die Zigarrenindustrie erforderte
keinen großen Fabrikgebäude und Maschinen und
so finden wir heute in Enger
neben
zwei größeren Fabriken etwa 60 selbständige
Tabakarbeiter die alle den
mittleren oder kleineren Unternehmen dieser Branche zuzurechnen sind .
Nach 19 hundert fand auch die
Möbelindustrie
in Enger mehr Eingänge .
Die Betriebe sind heute mittleren
Umfangs und beschäftigen etwa 500 Arbeiter .
Nach dem Weltkrieg ließen
sich auch in Enger einige Nähereibetriebe nieder .
In diesen drei Industriegruppen
sucht in der Hauptsache die arbeitnehmende Bevölkerung
der Wittekindstadt ihr Brot .
Seite 19 :
Fluren und Bauernhöfe .
Außerhalb der Stadt
Enger
liegen die Felder und wiesen . Der Boden ist sehr Ertragreich
und besteht aus schwerem Lehm und
Ton . In den höher gelegenen Stellen sind
Sandböden verbreitet . die
durch die Ablagerungen der Gletscher entstanden sind .
Auch findet man in der Gegend von
Enger gewaltige Felsblöcke , die oft mehre
Zentner schwer sind . Sie stammen
wahrscheinlich aus den Skandinavischen Alpen
und sind während der Eiszeit
mit den Gletschern , die ganz Deutschland bedeckten ,
hier her geschwemmt worden .
Die Fluren von Enger umfassen
etwa
ein Gebiet von 500 ha. und bestehen
hauptsächlich aus
Ackerfeldern
auf denen besonders Roggen , Weizen , Hafer und Gerste
angebaut werden . Aber auch
Rüben
, Kartoffeln Flachs und Futtermittel gedeihen
in dem Boden vorzüglich .
Umgeben von den Feldern liegen
im Schatten hoher Eichenbäume die Bauernhöfe . Sie sind
seit undenklichen Zeiten im
Besitze
der gleichen Familien . Das langgestreckte Fachwerkhaus
das Mensch und Vieh unter einem
Dach beherbergt ist im niedersächsischen Stiel erbaut .
Man betritt das Haus durch ein
Holztor in der Giebelwand , hoch und breit genug , um einen
vollbeladenen Erntewagen
durchzulassen
.
In den Torbalken geschnitten ist
ein Weißheitsspruch oder eine Stelle aus der heiligen Schrift
mit Angabe des Baujahrs und den
Namen des Besitzers . Hinter der Tür liegt die große
Diele oder Tenne , neben der
rechts
die Stallungen der Kühe und links die der Pferde , darüber
die Hühnerställe und
Räume für die Feldfrüchte liegen . Durch eine Wand
ist die Diele von
der Küche getrennt .
Früher
diente der mittlere Teil des Hauses als Herdplatz .
Die Knechte und Mägde
Schlafen
in Kammern neben den Stallungen . Der letzte Teil des
Hauses enthält die Wohn -
und Schlafräume für den Bauern . Das hohe , ursprünglich
Strohbedeckte Dach birgt die
Vorräte
der letzten Ernte .
Seite 20 :
Zeichnung : Grundriß Giebelwand
Kriege und Volkszüge
haben
in den letzten Jahrhunderten die Gegend von Enger wenig
berührt . Stark und Gesund
hat sich daher die Eigenart des Volkstums erhalten .
Mit recht kann sich jeder , der
seit älteren Zeiten freien Bauern auf seinem Hof als
ein kleiner König
fühlen
. Viel alte Sitten und trachten haben sich erhalten .
Was aber besonders das Engersche
Land auszeichnet , das sind die Sattelmeierhöfe ,
an den alte Bräuche und
Vorrechte
haften die diese Höfe in Beziehung zu Wittekind bringen .
Der Sage nach waren die
Sattlemeier
Kampfesgenossen Widukinds . In der nähe der Burg
Enger hatten Sie große
Grundbesitzungen
. Jeder von Ihnen bekleidete ein besonders Amt .
wenn Wittekind ausritt
begleiteten
sie Ihn als seine Diener . Voran stets der
Meyer zu Hiddenhausen . Den Zug
beschloß der Meyer zu Hücker . Ringstmeier
führte die Aufsicht
über
den Reitstall , Barmeier beaufsichtigte die Hirten .
Ebmeyer war Wildmeister , und der
Nordmeyer hatte das Richteramt .
In dem Gebiet von Enger
befinden
sich 7 Sattelmeierhöfe . Alle überragten früher ,
die meisten aber überwiegen
heute noch , um Größe die übrigen Höfe .
Wann Sie in Wirklichkeit
entstanden
sind , läßt sich nicht genau feststellen .
2 Vermutungen herrschen bei den
Geschichtsforschern vor . Nach
Seite 21 :
der einen sollen sie von den
Franken
als Verwaltunghöfe angelegt worden sein ,
um die anderen sächsischen
Höfe zu beaufsichtigen . nach der anderen Auffassung aber
sollen die Sattelmeierhöfe
altsächsischen Ursprungs sein , die aus der Zeit Widukinds stammen
.
Die Sattelmeier haben
heute
noch besondere Kirchliche Vorrechte . Bei Beerdigungen können Sie
die Leichen auf einem mit 6 Pferden bespannten Leiterwagen fahren
und ein gesatteltes Pferd hinter dem Sarg herführen . Die Leichen
werden in der Königsstunde vor 12 bis 1 Uhr mittags verläutet
und vor der Beerdigung in der
Kirche
aufgebahrt . Während der Trauerfeier schaut das
gesattelte Pferd in die
geöffnete
Kirchentür .
Bild : Sattelmeier Meyer
Johann
, Oldinghausen
Sattelmeierhof Ebmeier
Seite 22 :
Geschichte der NSDAP in Enger
Das deutsche Turnfest , das im
Jahre
1923 in München stattfand , brachte viele Engeraner
Turner nach dort . Bei diesem
Fest
lernten die Turner zum erstenmal die S.A. kennen und
schwörten dort dem
Führer
zu dienen da in der Heimat noch keine Organisationen der
NSDAP bestanden , schlossen sich
einige der aus München zurückgekehrten 1923
dem „ Stahlhelm „
und „Westfalenbund
„ an . Bei einer Wahl im Mai 1928 wurden
in Enger bereits 143
Stimmen
für die Liste der NSDAP abgegeben , trotzdem noch keine
Ortsgruppe bestand . Für die
damaligen Verhältnisse war dieses Ergebnis ein großer Erfolg
.
Es setzte nun eine große
Propagandatätigkeit , die im Dezember 1928 zur Gründung der
Ortsgruppe Besenkamp führte
. Anfang 1929 schritt man dann zur Gründung der Ortsgruppe Enger .
Diese beiden Ortsgruppen wurden
dann zu der Ortsgruppe Enger umgewandelt .
Große Tage waren der 14.
Und
15 Juni 1930 als man in Enger und Besenkamp den
Bezirkstag abhielt . Die ganze
SA des Bezirkes war an diesen Tagen zusammengezogen
um für die Nacht in
Besenkamp
bei den dortigen Bauern zusammen Untergebracht.
Auch der heutige Stabschef der
SA. Viktor Lutze , übernachtete mit seinen SA. Kameraden
im Massenquartier .
Einen weiteren bedeutungsvollen
Tag erlebte Enger im Oktober 1931 bei einem
SA. Aufmarsch . Da von der
Polizei
das tragen von Braunhemden verboten war ,
wurde im weißen Hemd
marschiert
.
Durch solche
Großveranstaltungen
wurde die Anhängerschaft der Partei immer größer .
Schon bei der nächsten Wahl
im September 1930 stimmten im Amtsbezirk Enger
1600 Wähler für die
Liste
der NSDAP . Bei der entscheidenden Wahl am
5. März , 1933 waren es 4830
Wähler , die dem Führer
Seite 23 :
ihr Ja gaben . Einige SA.
Männer
machten auch während der Kampfzeit
Bekanntschaft mit dem
Gefängnis
. Bei einem Zusammenstoß mit den Politischen Gegnern in
Herringhausen wurden 18 Engersche
SA Kameraden wegen Landfriedensbruch
vor Gericht gestellt . 9
Verurteilte
man zu Gefängnisstrafen wogegen sich die anderen 9
durch Flucht der Verurteilung
entzogen
. Am Tage vor Weihnachten 1932 wurden die
Verurteilten durch Amnestie
entlassen
. Sie konnten bei dem Wahlkampf in Lippe
wieder aktiv tätig sein .
Zur Würdigung der Verdienste der Sturmabteilung Enger ,
wurde am 12. März 1939 die
Breite Straße , eine Hauptstraße der Stadt ,
in Straße der SA umbenannt .
Nach 1933
Im Jahre 1934 weilten der
Reichsminister
Rosenberg und Gauleiter Dr. Alfred Meyer
in der Wittekindstadt . Sie
besichtigten
das Grabmahl des Sachsenhelden und wurden
vor der Bevölkerung
stürmisch
begrüßt .
Eine Bedeutungsvollen Tag erlebte
Enger , am 15 Juli 1939 , als die alte Garde durch die Stadt kam .
Robert Ley besichtigte die
Wittekindgedächtnisstätte
und trug sich in das Ehrenbuch
der Stadt ein . Enger war an
diesem
Tage festlich geschmückt . Vor der Kirche war eine alte Schmiede
aufgestellt
und Einwohner der Stadt ritten in Verkleidung vor Gefolgsmannen
Wittekind
durch die Straßen .
Nachdem in Enger die
Arbeitslosigkeit
beseitigt war , blühte die Stadt wieder auf .
Straßen wurden verbessert
, ein Stadtpark angelegt und die Wittekindgedächtnisstätte
errichtet . Heute ist sie in
allen
deutschen Landen durch den Sachsenherzog Wittekind bekannt .
Der Ort ist und wird für
alle
Zeiten bleiben „ Enger die sagenumwobene Stätte
Widukinds .“
Herzog Widukind
Im Jahre 777 schien alles
entschieden
zu sein, der König Karl war höchst zufrieden: Im Sachsenland
in der Stadt Paderborn hielt er einen allgemeinen Reichstag ab, an dem
fränkische und sächsische Adlige gleichermaßen
teilnahmen.
Es wäre jetzt nur noch eine Frage der Zeit gewesen, bis die
Integration
der "Barbaren" im Frankenreich vollendet gewesen wäre. Doch es kam
alles anders, denn einer fehlte bei dem Reichstag: Widukind, Herzog der
Westfalen, war mit seinen Vertrauten zu den Dänen geflohen, um
dort
den weiteren Widerstand zu planen. Bereits im Jahre 778 wird Widukind
wieder
in den Reichsannalen (Annales Regni Francorum) erwähnt,
anscheinend
hatte er von Karls unrühmlichem Spanienabenteuer erfahren (bereits
am Ebro mußte der Frankenkönig sein Heer zurückziehen,
die Zerstörung von Pamplona war sinnlos und führte nur dazu,
daß die Basken die Nachhut niedermachten: Rolandslied) und sah
seine
Stunde gekommen: Bis an den Rhein kamen die Aufständischen,
plünderten
und setzten die verhaßten Kirchen in Brand. Als Widukind aus dem
dänischen Exil heimkehrte und zum Aufstand rief, hatte er alle
sächsischen
Stämme hinter sich. Wieder brannten die Kirchen, christliche
Herren
und Grafen wurden umgebracht, ein fränkisches Aufgebot konnte 782
am Süntel geschlagen werden. Mit einem mühsam
zusammengebrachten
Entsatzheer zog Karl wieder nach Sachsen. Und nun geschah etwas
seltsames:
Statt sich dem anrückenden Feind in den Weg zu stellen, lieferten
die sächsischen Adligen dem Frankenkönig bei Verden
diejenigen
ihrer Bauernkrieger aus, die Widukind gefolgt waren und deren sie
habhaft
werden konnten. Beim Blutbad von Verden wurden 4500 Sachsen enthauptet.
Es besteht kein Zweifel, daß diese Zahl nicht übertrieben
wurde.
Aus wahrscheinlich persönlichem Machtstreben hatten sich die
meisten
der sächsischen Adligen auf die Seite der Franken geschlagen. Die
Gründe sind einleuchtend: Aus den freien Bauern würden
unfreie
werden, ihrem Herrn untertan und abgabenpflichtig, zudem würde
sich
kein Führer mehr dem Beschluß eines Things unterwerfen
müssen,
jener germanischen Sitte des Rates der freien Männer. Der
Willkür
und dem Machtstreben der großen Familien würden keine
Grenzen
mehr gesetzt werden. So besaßen nur 5 Familien im neunten
Jahrhundert
die größten Teile des Sachsenlandes: Liudolfinger,
Ecbertiner,
Billunger, Hessi-Sippe, Widukind-Sippe. Wir sehen, daß Widukinds
Leute mit zu den Profiteuren gehörten. Mit der oben bereits
erwähnten
Verschmelzung von Liudolfingern und Widukind-Sippe entstand das
sächsische
Herrschergeschlecht der Ottonen.
Widukind entging dem Blutbad,
indem
er sich wieder in den Norden absetzte. Er setzte den Guerillakrieg
gegen
die Franken und die eigenen Adligen fort, aber sowohl 783, als auch 784
mit den Westfalen gegen den Sohn Karls, auch Karl geheißen,
wurden
bedeutende Feldschlachten verloren, Widukind wurde kreuz und quer durch
das Land gehetzt. Aber auch König Karl brauchte Frieden im
Sachsenland.
So läßt er nach Widukind und seinem Verbündeten Abbio
schicken.
Es werden Verhandlungen aufgenommen, die damit enden, daß sich
Widukind
und seine Gefährten in Attigny taufen ließen und mit reichen
Geschenken nach Hause gingen. Widukind hatte sich von der Sinnlosigkeit
seines Kampfes überzeugt und zog es am Ende vor, sich den Frieden
teuer bezahlen zu lassen, was seiner Sippe (wie oben gesehen) nicht
schlecht
bekam. Die Taufe selbst hat er nicht ernst genommen, lediglich als
einen
politischen Akt gesehen, immerhin ließ er sich noch nach
germanischer
Sitte in Enger begraben.
Aber für Karl war die
sächsische
Angelegenheit noch lange nicht ausgestanden, denn bereits ab 793
erhoben
sich die Sachsen wieder, vor allem diesmal die Nordalbinger,
während
die Westfalen wohl ruhig blieben. Die Reichsannalen sprechen sogar von
einer allgemeinen Empörung (omnimoda defectio). Eine Folge wohl
der
Zwangsbekehrungen,
Hinrichtungen und der neuartigen Abgabenlasten. Wieder weilte der
König
in Spanien und mußte von einem Ende des Reiches zum anderen
eilen.
Karl wußte sich nicht anders zu helfen, als mit Deportationen
etwa
10 000 Sachsen in Gallien neu anzusiedeln. Franken zogen in die
freigewordenen
Gebiete in Sachsen ein. Nun brach der Widerstand zusammen. Die bereits
erwähnten Mahnungen der Synode 796 in Bayern und die Vernunft des
Beraters Alkuin blieben beim König nicht folgenlos: 797 milderte
er
das grausame Standrecht Capitulare partibus Saxoniae ab. Der
sächsische
Adel hatte die Kontrolle in den Gebieten übernommen und
fränkische
Sitten angenommen. Karl konnte nicht ahnen, daß er die ersten
Schritte
tat, um das geschichtliche Deutschland zu erschaffen. Aus der Wiege
wurde
dieses allerdings von einem Sachsen gehoben.